Montag, 5. Juli 2010

Machu Picchu




Buenas Tardes Amigos

Machu Picchu… jeder hat zumindest schon irgendwann mal davon gehoert, Bilder gesehen oder darueber gelesen. Die verlorene Stadt der Inka – hoch oben versteckt in den Anden. So gut versteckt dass man sie erst 1911 wiederentdeckt hat. Heute ist die Stadt definitiv nicht mehr verloren – sondern vom internationalen Turismus als populaeres Reiseziel erschlossen… Der Inca Trail, die mit Abstand populaerste Wanderung ganz Suedamerikas, und eine Bahnlinie durch das Heilige Tal bringen taeglich unzaehlige Menschen hier her. Fuer uns war sowohl der Inca Trail als auch der Zug zu teuer – deshalb haben wir beschlossen "Machu Picchu Do It Yourself" durchzuziehen. Das beginnt mit einem sieben Stunden Bus aus Cusco nach Santa Maria, dort steigt man um 2 Uhr nachts aus und sucht sich ein Colectivo nach Santa Teresa – das dauert nochmal zwei Stunden und geht ueber Schotterpisten immer am Grat einer Schlucht entlang… und "Colectivo" bedeutet dass man sich einen Minivan mit ca. 15 Leuten teilt… ein Erlebnis an sich - vor allem weil man zu dem Zeitpunkt schon acht Stunden Panfloeten Beschallung hinter sich hat! Von Santa Teresa aus muss man dann jemanden finden der einen mit zum Wasserkraftwerk nimmt. Wir hatten Glueck dass gerade die Arbeiter zum Kraftwek fuhren und uns einer fuer ein paar Soles mitnahm. Dort angekommen folgt man ca. vier Stunden lang auf den Bahngleisen bis nach Aguas Calientes, dem Dorf am Fusse von Machu Picchu. Wir haben also gegen 4.30 morgens begonnen an den Schienen entlang zu laufen. Nachdem wir eine ziemlich abenteuerliche Bruecke ueberquert hatten lief eigendlich alles nach Plan - bis es zwei Stunden vor Aguas Calientes anfing zu regnen… und zwar nicht zu knapp… Wir versuchten weiterzulaufen aber ss blieb uns nichts anderes uebrig als irgendwo Unterschlupf zu suchen. Wir hatten Glueck und die nette Frau in deren Haus wir den Regen abwarteten durften hat uns sogar Kaffee und Fruehstueck gemacht. Als es wieder trocken war sind wir die letzte Stunde nach Aguas gelaufen und haben uns dort eine Unterkunft fuer die Nacht gesucht.
Am naechsten Morgen wollten wir so frueh wie moeglich aufstehen um den Anstieg nach Machu Picchu in Angriff zu nehmen. Zuvor mussten wir jedoch noch einen Weg finden, wenn alles vorbei ist wieder zurueck nach Cusco zu kommen. Wir konnten nicht den gleichen Weg zurueck nehmen da man rueckwaerts am Wasserkraftwerk festhaengen wuerde und es von dort zu weit waere zu laufen… vor allem bei Regen. Es blieb uns also nichts anderes uebrig als ein Zugticket zu kaufen. Das sprengte zwar eigentlich unser Budget aber die Idee mit dem Zug ins Heilige Tal zu fahren und der Mangel an Alternativen hat uns die Entscheidung recht leicht gemacht. Erst nachdem wir die Tickets gekauft hatten haben wir gemerkt dass wir jetzt beinahe keine Kohle mehr haben – Kein Geld, keine Karten, keine Moeglichkeit an Geld zu kommen… Hatten gerade noch genug um die Nacht zu bezahlen und uns Brot und Bananen zu kaufen… fuer mehr hats nicht mehr gereicht. Diese Situation, der daraus resultierende Hunger in Verbindung mit dem nicht enden wollenden Regen, Stromausfall im ganzen Dorf, kein warmes Wasser im Hostel, Muedigkeit und dem Ausblick auf einen Machu Picchu Ausflug bei Regen und Nebel liess unsere Stimmung so ziemlich auf den Nullpunkt sinken. Ohne Abendessen beschlossen wir erst mal zu pennen, und dann zu hoffen dass wir an der Endstation unseres Zuges irgendwie an Geld kommen wuerden.

Am naechsten morgen…

3.30 Uhr – Aguas Calientes
Tino und Bernd quaelen sich nach einer viel zu kurzen Nacht mit leerem Magen aus dem Bett. Ein Blick aus dem Fenster verheisst nichts Gutes! Das naechste Fenster war auf dem Gang – fuer ein Zimmer mit Fenster hatten wir keine Kohle. Regen, Nebel, es ist kalt, Sicht gleich Null… Der Anstieg nach Machu Picchu dauert ueber eine Stunde… wir waeren patschnass bis wir oben sind wenn wir jetzt loslaufen – und all unsere Sachen auch… Also was tun? Zurueck ins Bett und hoffen das der Regen nachlaesst.

4.30 – immernoch Aguas Calientes
Tino und Bernd quaelen sich, immernoch hungrig, zum zweiten mal aus dem Bett… Blick aus dem Fenster: immernoch kalt, immernoch neblig, Sicht immernoch gleich Null – aber kein Regen. Also - auf nach Machu Picchu… Halbe Stunde an den Bahngleisen entlang, dann 2000 Stufen auf dem Weg zur "Verlorenen Stadt"… schwitzend und schon ziemlich ausser Atem kamen wir oben an. Mit leerem Magen wandert sichs echt beschissen - und dabei hatten wir diese Lektion doch gerade erst im Colca Canyon gelernt. Aber diesmal hatten wir keine andere Wahl.

5.30 – At the Gates of Machu Picchu
Eine halbe Stunde bevor die Tore geoeffnet werden – und zwei bis drei Stunden bis die ersten Busse ankommen und ihre Touriefracht abladen. Mittlerweile hat es wieder begonnen zu regnen…

6.00 – Machu Picchu
Es ist so weit – Nach einer Nacht in Bussen, Colectivos, auf Bahngleisen, einem Tag mit Bananen und Brot, nach noch einer sehr sehr kurzen Nacht und nach 2000 Stufen in der Dunkelheit und im Regen sind wir da… alles fuer… Ein unvergessliches Erlebnis? Anblicke die wir nie vergessen werden?!?

Pah - Nix da! Kaelte, nassgeschwitzte Klamotten, Hunger, Muedigkeit… und alles was man sieht ist Nebel und undeutliche Umrisse von Mauern im Nebel, alles ist grau…

Es sah so aus als wuerde Machu Picchu fuer uns das bleiben was es Jahrhunderte lang war - ein Mysterium hoch oben im Nebel der Anden . Wir irrten durch die Ruinen, konnten immer nur erahnen wie beeindruckend alles wohl aussehen wuerde – wenn man es doch nur sehen koennte!!! Das hoert sich sicher komisch an – aber wir waren richtig traurig… wir waren so nah – und doch zo fern. Hatten einiges an Strapazen auf uns genommen – und Machu Picchu wollte uns sein Geheimnis einfach nicht preisgeben. Sicher – es war schon interessant, hier und da eine Mauer, ein Haus oder eine Treppe aus dem Nebel auftauchen zu sehen – aber trotzdem wollten wir die Stadt in ihrer ganzen Pracht sehen.

I know, I know... You can´t stop the rain by complaining - aber das ist genau was wir versucht haben... Scheiss Regen ey... voll kacke... da stapfen wir mitten in der Nacht hier hoch... und dann... und ueberhaupt - wir haben keine Kohle und nix zu beissen... alles scheisse! Manchmal kann man einfach nicht anders... vor allem wenn man muede ist und Hunger hat.

Wir haben uns dann in eine kleine Holzhuette verkrochen um wenigstens den Regen abzuwarten. Ich hab die Arme verschraenkt, mich hingesetzt und gesagt: "So ich bleib etz hier hocken bis es aufreisst - und wenns bis morgen dauert - is mir woscht! Dann solln se mich raustragen!" Der Tino hat die Augen verdreht, sich ne Kippe angezuendet und ins Leere geblickt - in genau dem Moment kommt halt echt wie aus dem Nichts ein Mensch mit einer Art Besucherbuch und weiss genau was er sagen muss um alles PERFEKT zu machen... "Rauchen verboten!" - Tinos Reaktion..."Mmmmh" ...Kippe aus... "Scheiss Leben!" Das war so ziemlich unser emotionaler Tiefpunkt... Nachdem wir eine geschlagene Stunde in dem Haeuschen frierend darauf gewartet hatten dass sich der Nebel lichtet war immernoch keine Besserung in Sicht. Wir beschlossen also auf den Berg hinter der Stadt, Wayna Picchu, hochzukraxeln – in der Hoffnung von dort oben vieleicht einen Blick auf die Ruinen erhaschen zu koennen. Also nochmal eine Stunde bergauf, nochmal wer weiss wie viele Stufen… immernoch im Nebel… vor dem Anstieg haben wir unser letztes Brot und unsere letzten Bananen verputzt… Tino hat sich extra am Tag vorher noch einen "Energieriegel" besorgt. Als der dann auch noch echt zum kotzen geschmeckt hat und soviel Energie wie ein aufgeweichtes Taschentuch hatte war die Motivation zum bergsteigen MAXIMAL! Aber aufgegeben wird nicht... also aufi aufn Berg!

Und dann war es endlich soweit… gerade also wir die letzten Stufen erklommen zeichnete sich ein winziges Fleckchen blauen Himmels ab… ein Hoffnungsschimmer am Horizont sozusagen. Wir legten die letzten Schritte zum Gipfel zurueck  und - wie im Traum zerrissen die Wolken… Machu Picchu hatte beschlossen uns sein Geheimnis doch noch preiszugeben… Innerhalb von wenigen Minuten verzog sich der Nebel, mit jeder Sekunde wurde die Sicht besser und schliesslich hatten wir einen unbezahlbaren Blick auf die gesamte Stadt. Mit jeder Sekunde besserte sich ploetzlich auch unsere Stimmung, der Hunger war vergessen, die Sonne liess unsere nassen Klamotten trocknen, zauberte wieder ein Lachen auf unsere Gesichter – und wir kamen aus dem Staunen garnichtmehr heraus. Machu Picchu ist ein atemberaubender Anblick – und egal wie sehr man sich ins Zeug legt – Bilder koennen das einfach nicht festhalten. Man muss es mit eigenen Augen sehen.

Im Nachhinein war der verregnete, neblige Morgen das beste was uns passieren konnte. So wussten wir den Anblick von Machu Picchu in der Sonne unendlich viel mehr zu schaetzen, besonders nach all den Strapazen. Dazu hatten wir nachdem wir schon im Nebel durch die Ruinen gestolpert waren diesen perfekten Moment... Unglaublich wenn Machu Picchu ploetzlich aus dem Nebel auftaucht! Darueber hinaus hielt das schlechte Wetter die Massen fern – so waren an jenem Morgen des 29. Juni 2010 nur Menschen in Machu Picchu die es auf sich genommen hatten, mitten in der Nacht aufzustehen, in Regen und Kaelte 2000 Stufen zu erklimmen und dann noch genug Durchhaltevermoegen aufbrachten, so lange auszuharren bis das Wetter ein Einsehen mit ihnen hatte. Als wir uns sattgesehen hatten gingen wir wieder hinunter zu den Ruinen, schlenderten bei bester Laune und in strahlendem Sonnenschein durch Machu Picchu, erkundeten alle Winkel, Gassen und Gaenge  und konnten schon wieder darueber lachen wie sehr wir uns von Regen, Nebel und schlechtem Wetter hatten runterziehen lassen... remember...

There is always sunshine after the rain!

Fuer mich war Machu Picchu ein unvergessliches Erlebnis, eine Gefuehlsachterbahn und ein weiterer Beweis dafuer dass alles ziemlich scheisse ist wenn man hungrig und muede ist - und dafuer dass sich mit der richtigen Einstellung, Geduld, Humor, einem kuehlen Kopf und genuegend Durchhaltevermoegen alles zum Guten wendet!

Kleiner Tip: Scrollt mindestens einmal von oben bis unter durch... das ist wie Daumenkino und vieleicht koennt ihr den Effekt als sich der Neben verzog etwas nachvollziehen - enjoy!

Unser erster Eindruck... Nebelschwadenbilder...

Wie ein Schiffswrack beim tauchen... Machu Picch im Nebel


Llamas im Nebel

Puente del Inca



Der Nebel gewaehrt einen kurzen Blick...


Tino auf dem Weg durchs Stadttor

Jetzt sind wir schon oben auf Wayna Picchu... und der Nebel beginnt aufzureissen...

...und die Sicht wird beser...

...und besser..

...und dann tauchen die Ruinen auf einmal aus dem Nebel auf...










...bis Machu Picchu in voller Pracht zu sehen ist...






Unmoeglich sich sattzusehen!

Tino on top!














Zurueck in den Ruinen







Jetzt hat men ein komplett anderes Gefuehl wenn man durchs Tor geht

Da ist es... das Postkartenfoto!




Egal wie viele Bilder man schon gesehen hat... es ist einfach der Knaller wenn man dann endlich da ist und es mit eigenen Augen sieht!




Viele Gruesse,
Bernd und Tino

1 Kommentar:

  1. Hey Jungs,
    Ich kanns voll nachvollziehen... Ähnlich war es bei mir auch... Früh morgens Nebel und Kälte, dafür aber dann umso schöner die Sonne und die vorbeiziehenden Wolken, die dem ganzen dann die mysteriöse Note geben, die man von Machu Picchu erwartet...

    Genießt weiter eure Reise.

    Gruß, Roman

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